muehlhoff & vossiek
about
Museum Marta Herford
Glas und Beton - Manifestationen des Unmöglichen
29.02. - 04.10.2020
Martin Mühlhoff *1969 in Bottrop, lebt und arbeitet in Bielefeld
Christian Vossiek *1969 in Berlin-Schöneberg, lebt und arbeitet in Bielefeld
missing synagogues - Sechsundvierzig Ansichten von Berlin
Dass es trotz einer vielfältigen Erinnerungskultur immer noch Bereiche gibt, die, über die wissenschaftliche Thematisierung hinaus, in der Kunst erhellend und sinnlich, sowohl eindrucksvoll wie gleichwohl spannend behandelt werden können, zeigen Martin Mühlhoff und Christian Vossiek mit ihrem konzeptuellen Projekt missing synagogues.
Unspektakuläre Orte in Berlin: Straßenecken, Häuserzeilen, Parkplätze, Hinterhöfe, Treppenhäuser, Nachkriegsarchitektur und postmoderne Architektur sowie Brachen und Parks. Nicht mehr und nicht weniger ist in der Serie von 46 Fotografien der beiden Künstler zu sehen, die 2004 und 2005 entstand. Es handelt sich um die ehemaligen Standorte der Synagogen der Jüdischen Gemeinde sowie der Synagogenvereine Berlins, wie sie bis zum 9.11.1938 existierten, bevor sie in der Reichspogromnacht den Angriffen der Nationalsozialisten und ihren Unterstützern ausgesetzt waren und teilweise in Rauch aufgingen. Einige bereits von den Nazis beschädigte Synagogen überstanden die Bombardierungen durch die Alliierten im Krieg und wurden erst in den fünfziger und sechziger Jahren abgerissen.
Mühlhoff und Vossiek dokumentieren die Negation einer früheren städtebaulichen Szene und markieren mit ihrer Kamera die Orte der Überbauung und Auslöschung. In diesem Sinne ist ihre fotografische Arbeit eine Suche nach einer verschütteten Historie, über die entweder Beton gegossen wurde oder buchstäblich das Gras gewachsen ist.
Sie machen sich ein ‚Bild‘ von der heutigen Situation und so eine verschüttete ‚Erzählung‘ wieder zugänglich.
Aus dem Textbeitrag von Matthias Reichelt, in der anlässlich der Ausstellung „Martin Mühlhoff | Christian Vossiek: missing synagogues - Sechsundvierzig Ansichten von Berlin“, der 2011 im Kerber Verlag erschienenen Publikation.
Matthias Reichelt
Expo
Hannover 2002
Zwei Jahre nach der Weltaustellung suchte das Fotografenduo Christian Vossiek und Martin Mühlhoff das Areal der EXPO 2000 in Hannover auf. Es entstand eine Serie von mehr als 20 Aufnahmen, deren nüchterne Klarheit den Ansprüchen dokumentarischer Architekturfotografie dennoch nur scheinbar gerecht wird. Denn obwohl diese Fotografie auf dramatische Effekte vollends verzichtet, kommt vielen der Bilder bei näherer Betrachtung eine geradezu surreale Qualität zu. In dieser Hinsicht sicher vergleichbar mit den Parisbildern Atgets, gewinnen die Aufnahmen eine inquisitorische Intensität, die uns von forensischen Tatortaufnahmen vertraut ist. So gelingt es diesen Bildern, den letztlich absurden Status der abgebildeten Architektur auf subtile Weise einzufangen. Die Weltausstellung wird als paradoxe Inszenierung kenntlich, die nicht zuletzt der Aufrechterhaltung nationaler Identifikationsbedürfnisse dient – angesichts einer unaufhaltsamen Globalisierung ein mehr als anachronistisches Unterfangen.
Daniel Marzona
Camera Austria, Forum, Ausgabe 86/2004
ectoplastics
Der Titel des Ausstellungsprojektes ectoplastics der Fotografen Christian Vossiek und Martin Mühlhoff ist an den Begriff "Ektoplasma" angelehnt. Im Sinne der Parapsychologie bezeichnet dies eine Art von materialisierter Geistsubstanz, die bei speziellem Rotlicht oder auf Fotografien sichtbar wird. Diese spirituelle Vorstellung eines Geist-Stoffes, trat im frühen 19. Jahrhundert in Verbindung mit der neu entdeckten Elektrizität auf. Obwohl Elektrizität in der heutigen technisierten Gesellschaft, aufgrund seines okkulten bzw. unsichtbaren Charakters immer noch abstrakt erscheint, liefert sie kaum noch Anlass für übersinnliche oder spirituelle Fragestellungen. Elektronische Gebrauchsgegenstände begegnen uns in fast jedem Aspekt unseres Lebens, und erfahren aufgrund ihrer Alltäglichkeit wenig Interesse hinsichtlich ihrer technologischen Beschaffenheit. Sie besitzen jedoch aufgrund ihrer Verbreitung einen sehr hohen Wiedererkennungswert.
Vossiek und Mühlhoff thematisieren mit ihren ectoplastics eben diese Eigenarten vorhandener, massenhaft verbreiteter elektronischer Geräte, indem sie ihnen ihre Funktionalität nehmen und diese auf ihren Wiedererkennungswert, die reine Form, reduzieren. Die Bilder dieser so bearbeiteten Objekte wirken wie konstruierte, virtuelle Entwicklungsstudien oder Abbildungen von Prototypen. Bei aller Vereinfachung und Reduktion auf die Form, erkennt man auf den zweiten Blick Schmutz und Patina, als Spuren des Gebrauchs der runtergebrochenen Alltagsgegenstände, als Reste einer scheinbaren Authentizität. "Zeichen der Objektivität des fotografischen Bildes werden zum Trompe-l'oeil Effekt von Bildern von Objekten, die so nie existiert haben. Der Nazi-Volksempfänger aus dunkelbraunem Bakelit erscheint so unergründlich wie eine afrikanische Maske, wie ein Fetischobjekt uns unbekannter Riten."(Christian Vossiek)
Friederike Fast, MARTa Herford
Austellung in der MARTa Kapelle, dem experimentellen Schaufenster für Kunst und Design, 1. März - 1. April 2006
RUINS
OWL1
1. November 2007 - 13. Januar 2008
MARTa Herford
..."Die Fotografien von Martin Mühlhoff und Christian Vossiek thematisieren die Dekonstruktion von Architektur. Die Abrisshäuser muten wie riesige Skulpturen in einer techno-ökonomischen Skyline an. Als Symbol für Vergänglichkeit stehen die Ruinen in der Tradition der Romantik."...
Aus dem Textbeitrag von Lorenzo Benedetti, Ausstellungskurator im Marta Herford, in der anlässlich der Ausstellung „OWL 1. Kunst in Ostwestfalen-Lippe“ im Kerber Verlag erschienenen Publikation.
Hellwach Gegenwärtig - Ausblicke auf die MARTa Sammlung, 2009
RUINEN dokumentiert den Einbruch einer Wirklichkeit in Form eines höchst ästhetisch wirkenden Abbruchs. An den Ansatz einer unter anderen ärchäologischen Berstandsaufnahme im Sinne von Bernd und Hilla Becher anknüpfend, geht es den Fotografen hier um die Ästhetik der Ruine, die als Sinnbild der Moderne und ihrer Grenzen stehen kann.
Roland Nachtigäller, MARTa Herford
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